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Digitale Bildung für benachteiligte Gruppen

Ausgangslage

Digitale Kompetenzen sind im 21. Jahrhundert kein „Nice-to-have“ mehr, sondern eine Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe, berufliche Perspektiven und selbstbestimmtes Leben. Gerade für Menschen in sozial benachteiligten Lagen stellen sie jedoch eine besondere Herausforderung dar – nicht weil das Potenzial fehlt, sondern weil der Zugang zu den notwendigen Geräten und Bildungsangeboten oft fehlt.

Digitale Fähigkeiten – das Fundament für Teilhabe

Die Digitalisierung verändert alle Lebensbereiche. Wer heute einen Job sucht, muss online Bewerbungen schreiben und einreichen können. Wer mit Behörden kommuniziert, benötigt ein E-Mail-Konto oder ein Online-Formular. Wer sich weiterbildet, nutzt dafür meist digitale Tools. Ohne grundlegende digitale Kompetenzen wird der Zugang zu Bildung, zum Arbeitsmarkt und zum gesellschaftlichen Leben erschwert oder gar verunmöglicht.

Digitale Bildung ist also kein Luxus, sondern eine Grundbedingung für soziale und berufliche Integration. Sie beginnt früh – im schulischen Umfeld – und setzt sich über die Berufsausbildung bis ins Erwachsenenleben fort. Doch was passiert, wenn Menschen in Armut oder mit erschwertem Zugang zu Infrastruktur leben?

Ohne Geräte keine Kompetenzen

Bereits in der Volksschule wird der Umgang mit Computern gelehrt. Kinder lernen, wie man ein Word-Dokument schreibt, eine Präsentation erstellt oder mit Online-Lernplattformen arbeitet. Dabei wird oft stillschweigend vorausgesetzt, dass ein eigenes Gerät zu Hause vorhanden ist. Ist das nicht der Fall, geraten betroffene Kinder schnell ins Hintertreffen – nicht weil sie weniger interessiert oder lernfähig wären, sondern weil ihnen schlicht das Werkzeug fehlt.

In der Berufsbildung verschärft sich diese Lücke weiter: Lernende sind nicht nur auf ein Gerät angewiesen, sondern oft auf leistungsfähige Laptops, die bestimmte technische Anforderungen erfüllen. Die Anschaffungskosten belasten viele Haushalte übermässig – besonders, wenn mehrere Kinder gleichzeitig in Ausbildung stehen. Auch für Erwachsene ohne Zugang zu digitalen Geräten und Lernmöglichkeiten ist die Teilhabe am modernen Arbeitsmarkt kaum realisierbar.

Herausforderungen für Wir lernen weiter

Politische Herausforderungen: Föderalismus als Barriere

Obwohl digitale Grundkompetenzen längst als Schlüssel zur gesellschaftlichen und beruflichen Teilhabe gelten, fehlt in der Schweiz bis heute eine einheitliche Strategie zur Sicherstellung des Zugangs zu digitalen Geräten für armutsbetroffene Menschen. Die Verantwortung liegt weitgehend bei den Kantonen oder gar einzelnen Gemeinden, wodurch keine flächendeckende Lösung entsteht. Je nach Wohnort erhalten Menschen in vergleichbaren Lebenssituationen sehr unterschiedliche Unterstützungsleistungen – oder gar keine.

Diese föderale Struktur erschwert eine koordinierte Umsetzung von Projekten wie jenem von Wir lernen weiter. Während in einem Kanton vielleicht bereits Partnerschaften bestehen, sind in anderen Regionen die Prozesse unbekannt oder werden aufgrund fehlender politischer Priorisierung nicht unterstützt. Eine nachhaltige digitale Inklusion benötigt jedoch ein nationales Commitment – etwa in Form einer Grundversorgungsstrategie, die den Zugang zu digitalen Geräten ebenso berücksichtigt wie den zu Nahrung, Wohnraum oder medizinischer Hilfe.

Bundesweite Möglichkeiten:

  • Zugang erleichtern durch schweizweite Öffnung der Bestellmöglichkeit für alle Betroffenen.
  • Koordination verbessern durch zentrale Stellen, die den Zugang unabhängig vom Wohnkanton ermöglichen.
  • Hürden senken durch einheitliche Regelungen zur digitalen Grundversorgung in der Sozialhilfe.

Mangelnde Bekanntheit: Ein unterschätztes Angebot

Neben den strukturellen Hürden fehlt es auch an Sichtbarkeit für bestehende Lösungsansätze. Viele Firmen, Institutionen und potenzielle Partner kennen das Angebot von Wir lernen weiter nicht – obwohl es ihnen ermöglichen würde, alte Geräte sinnvoll weiterzugeben, Kosten für Datenlöschung zu sparen und gleichzeitig einen sozialen Beitrag zu leisten.

Besonders in der Unternehmenswelt besteht Aufklärungsbedarf: Die Vorstellung, dass Datenschutz bei der Weitergabe von Geräten ein unüberwindbares Hindernis sei, hält sich hartnäckig – obwohl Wir lernen weiter mit einer zertifizierten Datenlöschung nach DIN 66399 und transparentem Audit-Trail höchste Sicherheitsstandards erfüllt. Eine gezielte Kommunikationsstrategie, Aufklärungsarbeit und der Aufbau eines stabilen Netzwerks sind deshalb zentrale Aufgaben, um die Reichweite des Angebots zu erhöhen und so mehr Menschen den Zugang zur digitalen Welt zu ermöglichen.

Potenzielle Schritte für mehr Awareness:

  • Reichweite erhöhen durch gezielte Kampagnen für Firmen und öffentliche Stellen.
  • Netzwerke stärken durch strategische Partnerschaften mit relevanten Organisationen.
  • Sichtbarkeit fördern durch Auftritte an Events, Tagungen und in Fachpublikationen.

Workshops für Schulkinder: Digitale Bildung zum Anfassen

Neben der Bereitstellung von Laptops engagiert sich Wir lernen weiter auch aktiv in der digitalen Bildung. In Workshops, die in der Werkstatt in Merenschwand durchgeführt werden, erhalten Kinder praxisnahe Einblicke in die Welt der Informations- und Kommunikationstechnologie. Dabei lernen sie nicht nur, wie ein Computer funktioniert, sondern auch, woraus er besteht: In kleinen Gruppen werden Komponenten wie Prozessor, Arbeitsspeicher oder Festplatte erklärt – ganz nach dem Prinzip „Learning by doing“. Ziel ist es, Berührungsängste abzubauen und bereits früh ein grundlegendes Verständnis für digitale Technologien zu fördern. Die positive Resonanz zeigt: Viele Kinder erleben hier zum ersten Mal echte Selbstwirksamkeit im Umgang mit Technik.

Die Vision, Wissen im Umgang mit digitalen Ressourcen zu vermitteln, hat Wir lernen weiter nicht aufgegeben. Der Verein sucht weiterhin nach Optionen, diesen wichtigen Auftrag in das Angebot aufzunehmen.

Potenziale in der Schulung digitaler Fähigkeiten:

  • Früh Kompetenzen stärken durch Ausbau von Workshop-Angeboten an Schulen.
  • Barrieren abbauen durch niederschwellige Formate mit praxisnahem Wissen.
  • Nachhaltig wirken durch Verankerung digitaler Bildung in ausserschulischen Angeboten wie E-Learning-Tools oder Kursen in externen Schulungsräumen.

wLw-Academy: Ein gescheiterter Versuch mit grossem Potenzial

Im Jahr 2023 startete Wir lernen weiter den Versuch, mit der wLw-Academy eine eigene digitale Lernplattform aufzubauen. Das Ziel war klar: Armutsbetroffenen Personen sollten über ein niederschwelliges Online-Angebot digitale Grundkompetenzen erlernen können – unabhängig von Wohnort oder Bildungsstatus. Die Plattform hätte wichtige Inhalte vermittelt, etwa zum sicheren Umgang mit digitalen Tools, Kommunikation im Internet oder dem Verfassen von Bewerbungen.

Trotz grossem Engagement musste das Projekt eingestellt werden – der notwendige finanzielle Rückhalt blieb aus. Dieses Scheitern verdeutlicht ein strukturelles Problem: In der Schweiz existiert bislang kein nationaler Fördermechanismus, der solche sozial wirksamen Bildungsinitiativen trägt. Der Föderalismus führt dazu, dass Projekte, die eine überregionale Wirkung entfalten könnten, oft an kantonalen Zuständigkeiten oder fehlender finanzieller Verantwortung scheitern.

Gleichzeitig zeigt das Projekt, wie gross das ungenutzte Potenzial ist. Der Mangel an politischer Aufmerksamkeit und die fehlende Anerkennung digitaler Grundkompetenzen als Teil der sozialen Grundversorgung verhindern momentan, dass solche Angebote langfristig entstehen und bestehen können.

Notwendige Schritte zur Erarbeitung von Lösungen:

  • Dringlichkeit abklären und Unterstützung einholen durch Kontaktierung von Partnerorganisationen und anderen sozialen Institutionen.
  • Bedarf sichtbar machen durch aktive Thematisierung der Lücke in Politik und Öffentlichkeit.
  • Ressourcen sichern durch gezielte Projektförderung und institutionelle Unterstützung.

Zusammenfassung

Auch wenn der Verein keinen Bildungsauftrag hat, sieht sich Wir lernen weiter dennoch verpflichtet, als Pionier der digitalen Inklusion Lösungen zu bieten. Solange die Awareness und Unterstützung auf Bundesebene fehlen, müssen diese potenziellen Lösungen wohl oder übel auf anderen Wegen erarbeitet und geboten werden.
Es sind jedoch einige Hürden zu beseitigen, bevor ein Angebot entwickelt werden kann.

  1. Schweizweite Sensibilisierung
    Solange das Problem in unserem Land nicht gesehen wird, werden Unterstützer und Finanzierungen kaum zu finden sein.
    Lösung
    Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Networking, das Zeigen von Präsenz und das Schaffen von Awareness in diesen Belangen ist es möglich, ausreichend Aufmerksamkeit auf die Problematik zu lenken. Die Kontakte zu Partnerorganisationen sollen möglichst als Ressource genutzt werden, um dem Anliegen mehr Nachdruck zu verleihen.
  2. Ausarbeiten realistischer Lösungen
    Um Ressourcen für eine schweizweite Lösung zu generieren, müssen greifbare Ziele und Strategien vorliegen. Nur so können Unterstützer gefunden werden.
    Lösung
    Durch die in Punkt eins beschriebenen Recherchen und die Sensibilisierung zur Thematik bestehen genügend Inputs zur Erarbeitung eines sinnvollen Angebots. Mit internen Ressourcen und den Findings aus dem Projekt wLw-Academy kann eine realistische Strategie entworfen werden.
  3. Finanzierung sichern
    Das Projekt der wLw-Academy hat deutlich gemacht, dass die Umsetzung eines solchen Projekts ohne gesicherte Finanzierung nicht möglich ist. Daher ist das Finden von Spendern und Unterstützern im Vorfeld besonders wichtig.
    Lösung
    Damit Spendengelder gefunden werden können, muss der Nutzen des Prokekts klar aufgezeigt werden. Ebenso muss ein ausführlicher Umsetzungsplan sowie eine klare Zielsetzung vorliegen. Durch die vorangegangenen Schritte steht der Erarbeitung entsprechender Dokumente nichts mehr im Weg.

Fazit

Digitale Bildung ist der Schlüssel zu sozialer und beruflicher Teilhabe – doch vielen armutsbetroffenen Menschen fehlt der Zugang zu den dafür notwendigen Geräten und Kompetenzen. Während Programme wie die Schul-Workshops von Wir lernen weiter erste Lücken schliessen, zeigen gescheiterte Projekte wie die wLw-Academy, wie stark strukturelle Hürden die Entwicklung behindern. Besonders der Föderalismus sowie fehlendes Problembewusstsein erschweren eine schweizweite Lösung.

Gleichzeitig zeigt sich: Die Nachfrage ist gross, das Potenzial enorm. Um langfristig Wirkung zu erzielen, braucht es koordinierte Anstrengungen, nachhaltige Finanzierung – und mutige Ansätze, die digitale Inklusion endlich zur Priorität machen.

Mit einer guten Vorbereitung, zielgerichteter Strategie und einer kleinen Portion Glück ist die Umsetzung einer solchen Lösung aber durchaus möglich. Eines ist auf jeden Fall klar: Wir lernen weiter gibt nicht auf.

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