Nach knapp 2.5 Jahren der Vereinsaktivität durfte der Verein am 18. Juli 2022 den 5’000. Laptop für einen armutsbetroffenen Lehrling verteilen. Doch die Arbeit ist noch lange nicht beendet, sondern erst jetzt zeigt sich, wie wichtig das Wirken des kleinen Teams wirklich ist. Schon viele Perspektiven konnten mit Geräten geschaffen werden, die ansonsten im Elektroschrott gelandet wären.
Eine Erfolgsgeschichte mit weiterem Potenzial
Tobias Schär hatte am 1. April 2020 die Mission hinter wLw ins Leben gerufen. Seither hat sich viel geändert: So erfolgt nun die Arbeit nicht mehr rein ehrenamtlich, sondern auch erste Stellen konnten geschaffen werden. Auch arbeitet der Verein mit beinahe 700 Gemeinden, vielen Kantonen und anderen Hilfswerken zusammen, um die Bedürftigkeit von Anfragenden abschliessend zu klären.
«Nicht in den kühnsten Träumen hätte ich gedacht, dass ein solch schnelles Wachstum geschehen wird», so Schär. Er habe mit einer einfachen Überlegung gestartet und schaut nun auf eine Organisation zurück, die tagtäglich Laptops entgegennimmt, professionell aufbereitet und danach in die ganze Schweiz weiterschickt. «Der Fokus lag zuerst auf Schülerinnen und Schüler; doch mit jeder Woche merkten wir mehr, dass eben doch auch andere Personen der Zugang zur digitalen Welt aufgrund einer schwachen Einkommenssituation verwehr bleibt.»
Schär meint, dass es noch viel zu tun gibt, denn alleine in den Jahren 2019/2020 waren rund 25% der Schweizer Bevölkerung von Armut betroffen oder gefährdet. Ohne Zugang zu digitalen Instrumenten fiele es beispielsweise schwer, Bewerbungen zu erfassen, Stellen zu suchen oder generell alltägliche Dinge zu bewältigen. «Wenn man diese Zahlen vor Augen führt, wissen wir, dass unsere bisherigen Taten lediglich ein Tropfen auf dem heissen Stein sind.»
Open Source kommt gut an
Der Verein möchte auch sicherstellen, dass zur Nutzung eines Laptops keine Folgekosten für Benutzende entstehen. So setzt das Team auf sogenannte Open Source-Software, welche meist frei erhältlich ist und einen ähnlichen Funktionsumfang gängiger Tools bietet. So wird auf vielen Geräten als Betriebssystem Zorin OS verwendet und dies mit weiteren Programmen, wie ONLYOFFICE ausgestattet.
«Man soll nicht CHF 70-80.- pro Jahr zahlen, wenn man ähnliche Funktionalitäten kostenfrei nutzen kann. In der Schweiz sind wir hier ein bisschen verwöhnt und auch das System macht es uns nicht leicht.» Schär spielt hierbei auf die Monopolstellungen von Microsoft an. Vielerorts kenne man nur Windows 10/11, sowie Office365. «Kostenfrei heisst nicht, dass es zu nichts taugt – man muss nur änderungsbereit sein.» Für Lehrlinge und Studierende würden aber weiterhin die bekannten Betriebssysteme angeboten werden, denn dies wird vielerorts als zwingend notwendig betrachtet.
eLearning-Plattform im Aufbau
Der Verein plant, ab 2023 eine Online-Lernplattform aufzugleisen, über welche der Umgang mit diesen Open Source-Programmen, aber auch generelle Theman wie das sicher Navigieren im Internet, orts- und zeitunabhängig erlernt werden kann – und das alles kostenlos. «Laptops alleine können schon viel bewirken; doch ohne sachkundigen Umgang reicht dies noch nicht aus.», so der Gründer des Vereins. Ziel ist, dass einfache Arbeiten, wie das Erstellen eines Lebenslaufs oder eines Haushaltsbudgets anhand einfacher und interaktiver Lerninhalte erlernt werden können.
Aktuell wird die Pilotierung durch das Vereinsvermögen finanziert, doch Schär meint, dass auch diese Aufgabe im Allgemeininteresse geschieht. Er ist der Meinung, dass der digitale Analphabetismus eine Thematik ist, die in der Schweiz stark unterschätzt wird. Mit breiterer Bekanntheit sollte dann auch die Finanzierung mittel- bis langfristig sichergestellt werden können.
wLw hat hierzu eine Projektleitungsstelle geschaffen, welche ab August die Umsetzung der Plattform verantworten wird. «Glücklicherweise konnten wir eine Person mit passender Erfahrung gewinnen, um sinnvolle Inhalte in einfachen Lernschritten zu übermitteln.» Wie gross die Plattform werden wird, ist aktuell schwer abzuschätzen – dies hängt auch davon ab, wie viele Partner gefunden werden können, um weitere Lerninhalte bereitzustellen.
Kreisläufe schliessen: Damit alle gewinnen
Das Angebot des Vereins ist schnell erklärt: Partner, wie beispielsweise kommunale Sozialämter, können für einen aktuellen Unkostenbeitrag von je CHF 150.- einen einsatzbereiten Laptop bestellen. Die Anfragen steigen stetig, doch das Team merkt, dass viele Partner Laptops bestellen, aber keine Geräte beitragen.
«Für CHF 150.- wird kein Laptop sauber bereinigt, neu aufgesetzt und verteilt. Alle Partner, die uns somit mit Altgeräten unterstützen, werden zukünftig von attraktiveren Angeboten profitieren dürfen», so Schär. Das Ziel ist, dass auch in kleinen Gemeinden das Kreislaufverständnis geweckt wird – und wenn dann das Angebot von wLw nicht mehr genutzt werden muss, gewinnen ebenfalls alle Involvierten.
Durch einfache Bestellprozesse, klare Kommunikation und ein immer weiter steigendes Angebot an kostenfreien Zusatzleistungen, punktet das Team besonders dort, wo wirtschaftliche und administrativ einfache Beschaffungen notwendig werden. Besonders geschätzt wird hierbei auch das kulante Vorgehen des Vereins: «Wir wollen Freude und nicht Frust verteilen.»
Ein Ausblick
Das schnelle Wachstum des Vereins ist nicht einfach zu orchestrieren. Mittlerweile sind sechs Personen angestellt und zahlreiche weitere Personen wirken ehrenamtlich mit. So wird es auch mit einem wachsenden Team an Angestellten und Freiwilligen auch immer notwendiger, die Führung und Steuerung sicherzustellen. Auch die finanzielle Absicherung ist ein Thema, das den Vorstand, sowie die Geschäftsleitung beschäftigt.
Bisher mussten keine Massnahmen ergriffen werden, um weitere Finanzierungsquellen zu erschliessen. Zu Beginn des Projektes haben zwei Stiftungen Finanzzuschüsse gesprochen, mittlerweile funktioniert der Verein selbsttragend – mit den genannten CHF 150.- pro verteiltem Laptop. «Die Deckungsbeiträge sind klein, allerdings sind all unsere Prozesse skalierbar», meint Schär.
Mittlerweile verschicken wir pro Woche zwischen 50 und 75 Laptops; und in der Hochsaison von Juli bis September manchmal sogar das Doppelte.» Bisher wurden alleine diesen Sommer rund 500 Laptops an Lehrlinge verteilt, die sich eine Grundausrüstung nicht leisten können.
Schär ist zuversichtlich, dass der Verein noch viel für all die erreichen kann, die man in der digitalen Schweiz nicht sieht. Nicht nur werden mit dem Aufbereiten alter Laptops Perspektiven geschaffen, sondern auch die Umwelt und die Steuerkassen geschont. «Die IT-Industrie ist nicht gerade der emissionsärmste Sektor. Umso wichtiger wird es für jeden von uns zu erkennen, dass mit meist einfachen Massnahmen die meisten Geräte weitaus länger haltbar sind, als man zu denken vermag – und hier können alle von uns helfen!».